Wieso entscheiden wir uns in bestimmten Momenten genau so wie wir es tun? Ist es überhaupt unsere Entscheidung, oder werden wir von äußeren Faktoren beeinflusst? Wir leben mit dem Verständnis wir wären die Herren unseres Lebens, doch ist es auch so? Wie funktioniert der freie Wille und unser Bewusstsein und was hat das mit der Physik zu tun? All dem versuche ich in diesem Artikel näher zu kommen. Eine weitere Stufe zur Wahrheit.
Das Universum als komplexes System
In der Natur gibt es im Prinzip keinen freien Willen, denn alles scheint nach physikalischen und chemischen Regeln abzulaufen, die vorgegeben sind. Aktion und Reaktion bestimmen unser Sein. So zumindest die Theorie.
Auf quantenmechanischer Ebene sieht das ganz anders aus. Lange Zeit ging die Wissenschaft von einem materialistischen Weltbild aus, dass alles in kleine Teilchen zerlegt. Doch auf der Ebene der Quanten (der kleinsten “Teilchen”) funktionieren die Gesetze der Physik anders. Wir wissen nun, dass die Welt auf Raum basiert und Informationen in Formen von Wellen übermittelt werden. Offenbar passieren Dinge in unserem Universum willkürlich. Allerdings sind wir mit Hilfe unserer Sinne nur fähig die Welt in Teilchenform wahrzunehmen.
Je mehr wir die Welt verstehen, desto deutlicher wird es, dass sich alles gegenseitig beeinflusst. Meiner Meinung nach befinden sich die Menschheit in der Endstufe unseres materialistischen Weltverständnisses. Wir verstehen zwar Modelle und sind gut darin alles in funktionale Einzelbereiche zu unterteilen, doch um als Menschheit voran zu kommen müssen wir besser darin werden ganzheitliche, integrative und komplexe Systeme zu verstehen. Komplexe Systeme sind solche in denen sich die Einzelteile des Systems gegenseitig beeinflussen. In solchen Systemen gibt es zu viele unbekannte Variablen und deswegen ist es kaum möglich genaue Vorhersagen zu treffen. Unsere Gesellschaft ist ein solches System, aber auch die menschliche Gesundheit und die Natur. Leider behandeln die meisten Menschen die Welt wie eine Maschine und konzentrieren sich zu sehr auf einzelne Einflussfaktoren, anstatt ganzheitlich zu denken. Oft werden Modelle entwickelt, die versuchen Prognosen zu erstellen. Diese Modelle überschätzen oft die Wirkung eines bestimmten Einflussfaktors und vernachlässigen andere. Dies führt zu falschen Vorhersagen und in bestimmten Fällen zu Überreaktionen.
Der Freie Wille und das Bewusstsein
Lange Zeit dachten unterschiedliche Völker, sie wären Gottes Schöpfung. Doch bereits seit Charles Darwin wissen wir, dass wir gemeinsame Vorfahren mit den Affen haben (was das Dasein eines Gottes nicht unbedingt ausschließt). Im Klartext sind die Menschen hochentwickelte Säugetiere, die aufgrund gemeinsamer Eigenschaften als solche charakterisiert werden können. Genauer gesagt besitzen alle Lebewesen, also auch die Pflanzen, eine Form von Bewusstsein. Wir wissen z.B. dass Pflanzen und Pilze untereinander kommunizieren. Alle Lebewesen haben gemeinsam, dass sie von Trieben und Instinkten gesteuert sind. Der Wille zu überleben treibt alle Lebewesen an und steuert sie unterbewusst. Was den Menschen jedoch von allen anderen Lebewesen unterscheidet, ist der freie Wille. Der Freie Wille ist die Fähigkeit des Menschen selbst zu entscheiden, was er denkt und tut. Auf dieser Annahme basiert unser Gesellschaftliches System, sowie Gesetze etc. Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse lassen jedoch vermuten, dass es den freien Willen nicht wirklich gibt. Aus der Sicht der Neurowissenschaften sind auch wir geleitet von unserem Unterbewusstsein, welches uns vorgaukelt eine Wahl zu haben. Mittels Hirnscans und anderen Technologien konnte ermittelt werden, dass die Hirnareale die für logisches Denken nötig sind erst nach unserer Entscheidung aktiviert werden. Wir entscheiden uns bereits bevor wir wissen wie wir uns entscheiden. Erst im Nachhinein denken wir rational über unsere Entscheidung nach. Diese Theorie, nennt man Determinismus. Der Freie Wille ist somit nicht real. Er ist ein Konzept, welches dem Menschen das Gefühl gibt sein Leben selbst in der Hand zu haben… Oder?
Wie kann ich dann mit diesem Wissen einen Blog über Freiheit entwickeln? Wie kann ich dann trotzdem über Freiheit sprechen? Ganz einfach: Wir wissen so gut wie nichts über unser Bewusstsein.
Wir können zwar beobachten in welchen Hirnregionen unsere Entscheidungsprozesse ablaufen, aber das erklärt noch lange nicht warum wir uns so entscheiden. Wie bereits erklärt, besteht die gesamte Welt nicht nur aus drei Dimensionen und auch nicht aus Materie, sondern aus Wellen. Ich will hier nicht pseudowissenschaftlich oder esoterisch werden, doch unser Unwissen lässt viele Interpretationsmöglichkeiten zu. Die Welt besteht nicht aus einer Dimension, oder einem Blickwinkel. Es gibt unterschiedliche Perspektiven auf ein und dasselbe Phänomen. Während Forscher etwas aus der Perspektive der dritten Person wahrnehmen und somit feststellen, dass es keine Freiheit gibt, nehmen wir ja subjektiv etwas anderes wahr. In unserem Bewusstsein spielt sich sehr wohl eine Argumentation ab. Die Voraussetzung für diese interne Konversation ist das “Überbewusstsein”, das scheinbar nur wir Menschen besitzen. Unser freier Wille wird vom Unterbewusstsein beeinflusst. Das Überbewusstsein ist im Prinzip die Fähigkeit zu reflektieren und nachzudenken. Allerdings verbraucht dieser Prozess viel Energie und is anstrengend, weswegen unser Körper lieber im unbewussten Zustand bleiben will.
Wie man die Willenskraft stärken kann
Im Endeffekt spielt es ja keine Rolle ob wir nun wirklich bewusst entscheiden oder nicht. Wichtig ist eher wofür wir uns entscheiden und warum. Aus diesem Grund ist der freie Wille weiterhin ein wichtiges Konzept. Warum stehe ich morgens auf und gehe arbeiten? Warum esse ich statt Mcdonald’s einen Salat? Unser Unterbewusstsein hat zwar für uns entschieden, aber nur auf Basis unserer Motive. Völlig egal, wie das in der Theorie abläuft. Auf praktischer Ebene kann man seine eigenen Gedanken und Emotionen wahrnehmen und beobachten. Man kann sie sogar kontrollieren. Jemand der regelmäßig meditiert weiß, dass wir nicht nur aus unseren Gedanken bestehen. Während der Meditation nimmst du deine Gedanken bewusst wahr und kannst sie auch gezielt beruhigen. Wie ist das möglich? Unser Bewusstsein ist wie eine Software und unser Unterbewusstsein ist die Hardware. Unser Bewusstsein kann unser Unterbewusstsein beeinflussen und umgekehrt. Jeder, der etwas extrem unangenehmes, oder anstrengendes gemacht hat weiß, dass unser Unterbewusstsein uns alle möglichen Ausreden sendet, die uns davon überzeugen sollen warum das alles eine schlechte Idee ist. Doch der Wille kann einen wieder auf Kurs bringen.
Die beste Art damit umzugehen ist zu akzeptieren, dass wir nicht alles kontrollieren können. Wir können weder die äußeren Einflüsse kontrollieren, noch unsere inneren Triebe und Emotionen ausschalten. Wir müssen einsehen, dass es ok ist wie wir sind. Es bringt nichts sich jedes Mal selbst zu hassen, wenn man einen Fehler macht, oder schwach geworden ist. Wir müssen auch akzeptieren, dass das Leben nicht immer glatt laufen kann. Zu viele Dinge im Universum passieren unerwartet und zufällig. Allerdings müssen wir stets lernen wie wir mit unseren Emotionen und Gedanken umgehen können. Dazu empfehle ich das Buch “Can’t hurt me” von David Goggins. Das Buch beschäftigt sich viel mit der Macht des menschlichen Willens, der durch Leid gestärkt werden kann. David ist ein Ex Navy Seal und ein Ultramarathon Athlet. Seiner Ansicht nach kann der Wille am besten durch Schmerz und Leid gestärkt werden. Zum einen muss das Leid groß sein, um etwas im Leben ändern zu wollen. Zum Anderen muss man sich immer wieder in Situationen begeben, die unangenehm sind. Nur wenn wir die Dinge tun, die uns Angst machen und auf die wir am wenigsten Lust haben, kann unser Geist sich daran gewöhnen. Wir werden immer fähiger das Undenkbare zu erreichen. Unsere Gedanken ploppen oft aus unserem Unterbewusstsein hoch und wollen uns wieder in den bequemen Zustand zurück zwingen. Doch wenn wir diese Stimme in uns ignorieren, dann ist der Menschliche Körper zu viel mehr fähig als wir für möglich halten. Unser Unterbewusstsein will einfach überleben, aber da ist noch mehr in uns. Wir alle haben auch ein Verlangen danach etwas Besonderes zu sein, etwas außergewöhnliches zu erreichen, geliebt oder bewundert zu werden. Natürlich haben diese Bedürfnisse auch etwas mit Fortpflanzung zu tun, aber das allein ist keine ausreichende Erklärung. Spirituelle Menschen würden behaupten, dass unsere Seele danach verlangt ihren Sinn im Leben zu finden. Dieses Tiefe Verlangen darf nicht ignoriert werden. Gehe tief in dich und stelle dir die richtigen Fragen. Wer will ich sein? Was ist mir wichtig? Wie kann ich die Welt ein Stück weit verändern? Und wenn du die Antworten kennst, dann handle auch danach und zwinge dich die Dinge zu tun, die andere nicht bereit sind zu tun. Unabhängig davon, ob du dadurch Ruhm und Reichtum erhältst.
Zusammenfassend kann man also sagen, dass Menschen auf praktischer Ebene einen freien Willen besitzen und wir uns gegenseitig auch so behandeln. Das bedeutet natürlich nicht, dass wir alle unsere Entscheidungen bewusst wahrnehmen. Wir sind beeinflussbar durch unsere Umwelt und wir haben Entscheidungsmuster, die von Geburt an vorgegeben sind und tief in unserem Unterbewusstsein verwurzelt sind. Menschen sind also von Natur aus sowohl frei, als auch unfrei. Sie sind frei in ihrem Handeln und Sklaven ihrer Triebe. Dies betrifft aber nicht nur den Menschen, sondern alle Lebewesen. Alle Lebewesen verbindet sowohl der Wunsch nach SIcherheit, als auch der Wunsch nach Freiheit. Die Freiheit ist ein langfristiges Mittel zur Sicherheit und kurzfristige Sicherheit birgt oft ein viel größeres Risiko der Abhängigkeit. Dies beschreibe ich in einem anderen Artikel ausführlicher.
Danke fürs Lesen!
Lass gerne einen Kommentar da und erzähl mir was du denkst. Besitzen Menschen einen freien Willen?